„Wir haben den Zuschlag leider an ein günstigeres Angebot vergeben.“ – Ein Satz, den viele Architekturbüros nur zu gut kennen. Öffentliche Ausschreibungen verlangen enorme Vorleistungen: Man entwirft Konzeptskizzen, kalkuliert Kostenschätzungen, sammelt Referenzen und füllt seitenweise Formulare aus. All das wird gewissermaßen „ins auf Risiko“ erledigt, in der Hoffnung auf den Auftrag. Nicht selten summieren sich hunderte Stunden Arbeit, gebundenes Personal und externe Gutachter zu einer stattlichen Summe an internen Kosten – ohne dass eine Vergütung fließt, sollte man leer ausgehen. Viele Büros kalkulieren diese Aufwendungen als Vertriebs- bzw. Akquisekosten mit ein. Dennoch schmerzt es jedes Mal, wenn so ein Angebot erfolglos bleibt: Arbeitszeit und Geld, die man anderweitig in laufende Projekte oder neue Ideen hätte stecken können, sind verloren.
Gerade in Architektur-Wettbewerben oder VgV-Verfahren mit Konzeptabgabe wird von den Teilnehmern oft ein Maximum an Kreativität und planerischer Leistung im Voraus gefordert. Doch die Honorierung dafür ist gering oder gar null. Zwar gibt es bei geladenen Wettbewerben oft eine Aufwandsentschädigung für die Entwurfsarbeit, doch diese deckt meist nur einen Bruchteil der realen Kosten. Die restlichen Aufwendungen trägt das Büro. Im Grunde finanzieren viele Planer mit ihrer Arbeit im Vorfeld öffentliche Projekte vor, ohne zu wissen, ob sie jemals den Auftrag erhalten. Das kann zur Kostenfalle werden, insbesondere wenn man mehrfach hintereinander leer ausgeht. Dann summieren sich die investierten Ressourcen zu einem Loch in der Börse des Büros.
Immer öfter entscheiden bei öffentlichen Ausschreibungen die Honorarkosten über den Zuschlag. Seit die verbindlichen Mindestsätze der HOAI gefallen sind, hat sich ein echter Preiskampf entwickelt. Einigen Auftraggebern ist ein niedriger Preis scheinbar wichtiger als konzeptionelle Qualität. Das Ergebnis: Architekturbüros unterbieten sich gegenseitig, um überhaupt eine Chance zu haben. Wer den Zuschlag zu einem Dumpinghonorar erhält, steht jedoch vor dem nächsten Problem. Die erwartete Leistung bleibt dieselbe, nur das Budget ist enger geschnürt. Im Klartext: Das Büro muss mit weniger Geld die gleiche Arbeit stemmen. Zusätzliche Leistungen oder unvorhergesehener Mehraufwand werden oft zur unbezahlt erbrachten Dreingabe, weil man aus Angst vor Regress oder Imageverlust dennoch sauber zu Ende plant. So wird ein gewonnener Auftrag schnell zum Verlustgeschäft.
Auf lange Sicht untergräbt diese Entwicklung die gesamte Branche. Qualität und Kreativität bleiben auf der Strecke, wenn Planer gezwungen sind, jeden Handgriff aufs Minimum zu reduzieren, nur um irgendwie wirtschaftlich zu bleiben. Viele Büros fragen sich, wie lange sie sich das noch leisten können: immer wieder ins Blaue zu investieren und im Erfolgsfall zu Konditionen zu arbeiten, die kaum die Kosten decken. So bleibt oft nur der bittere Spagat: Ohne Teilnahme an Ausschreibungen keine Aufträge, doch mit jeder Teilnahme steigt das betriebswirtschaftliche Risiko. Die Kostenfalle öffentliche Ausschreibung ist real und bedroht die Architekturqualität ebenso wie die finanzielle Gesundheit der Planungsbüros.
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