Kaum ein Schlagwort elektrisiert die Planungsbranche in den letzten Jahren so sehr wie BIM (Building Information Modeling). Politik und Bauherren preisen es als digitale Revolution im Bauwesen, die Abläufe effizienter und transparenter machen soll. Tatsächlich verspricht BIM, alle Planungsdaten in einem 3D-Modell zu vereinen, Kollisionen frühzeitig zu erkennen und Projekte kostensicherer zu machen. Doch wie sieht die Realität in den Architekturbüros aus? Hier gehen die Meinungen auseinander: Für manche ist BIM ein Segen, für andere vor allem eine zusätzliche Belastung im ohnehin stressigen Planungsalltag.
Systemkritisch betrachtet klafft bei BIM oft eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die digitale Revolution verlangt enorme Vorleistungen: teure Softwarelizenzen, Schulungen für das Team, Umstellung eingespielter Workflows. Zudem stellt BIM eine Generationenfrage: Jüngere Planer, digital affin, finden sich leichter zurecht, während erfahrene Architekten sich mühsam umgewöhnen müssen. Diese Diskrepanz kann zu internen Spannungen führen, wenn digitale Euphorie auf analoge Routine prallt. Viele Planungsbüros berichten, dass die Einführung von BIM am Anfang sogar mehr Aufwand bedeutete – zusätzliche Modellpflege, aufwendigere Abstimmungen – bevor sich später Effizienzgewinne einstellten. Provokant gefragt: Entlastet BIM wirklich, oder verlagert es nur Arbeit auf die Planer? Wenn Architekten plötzlich auch Tätigkeiten übernehmen müssen, die früher Fachingenieure separat erledigt haben, kann das zwar Fehler reduzieren, aber kurzfristig auch die Arbeitslast explodieren lassen.
Hinzu kommt, dass nicht alle Projektbeteiligten auf dem gleichen digitalen Stand sind. Während das Planungsbüro akribisch ein BIM-Modell erstellt, verlangen manche Behörden immer noch 2D-Papierpläne. Bauunternehmen haben mitunter eigene Software-Standards, die nicht nahtlos kompatibel sind. Die Folge: Doppelarbeit und Frust. Statt der erhofften nahtlosen Zusammenarbeit erlebt man Medienbrüche und Datenchaos. Das System Bauwesen hinkt der digitalen Vision hinterher, und die Architekten sitzen in der Sandwich-Position: Sie sollen innovativ vorangehen, während das Umfeld teils noch analog tickt.
Ein weiterer Aspekt ist der Druck von außen: Immer häufiger schreiben Auftraggeber BIM-Kenntnisse als Voraussetzung für Projekte aus. Wer als Planungsbüro hier nicht mithält, kann schnell ins Hintertreffen geraten. Gerade öffentliche Aufträge ab einer gewissen Größe setzen heute BIM voraus – für kleinere Büros ein kaum zu stemmendes Kriterium. Hier zeigt sich eine bittere Ironie: Die digitale Revolution soll alle voranbringen, droht aber, manche abzuhängen. Dabei bietet BIM unbestritten Chancen: bessere Koordination, weniger Fehler auf der Baustelle, transparente Kommunikation. Doch diese Potenziale heben sich nicht von selbst. Sie erfordern strategische Vorbereitung und einen Kulturwandel im Büro.
Fazit: BIM kann sowohl Heilsbringer als auch Zusatzlast sein – je nachdem, wen man fragt und wie man es einführt. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte: Kurzfristig ist BIM für viele Planungsbüros ein Kraftakt, langfristig könnte es Prozesse wirklich verbessern. Wichtig ist, die digitalen Tools als Mittel zum Zweck zu sehen, nicht als Selbstzweck. Jedes Büro sollte für sich prüfen, wo es auf der BIM-Reise steht. Eine unverbindliche Potenzialanalyse kann dabei helfen, den eigenen Digitalisierungsgrad realistisch einzuschätzen und herauszufinden, wie aus der vermeintlichen Belastung ein echter Gewinn werden kann.
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