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Allgemeines aus der Bauwirtschaft
Bebauungspläne – Bremsklotz der deutschen Bauwirtschaft
Datum:
5.11.2024
Thema:
Allgemeines aus der Bauwirtschaft

Wer heute in Deutschland bauen möchte, braucht vor allem eines: Geduld. Kaum ein größeres Bauvorhaben kommt ohne Bebauungsplan – kurz B-Plan – aus. Doch genau dieser B-Plan, der eigentlich für Klarheit sorgen soll, entwickelt sich immer häufiger zum Bremsklotz für Projekte. Denn bis ein Bebauungsplan aufgestellt oder geändert wird, vergehen nicht selten Jahre. Für Architekten und Planungsbüros bedeutet das: lange Wartezeiten, Planungsunsicherheit und oft frustrierte Auftraggeber.

Langwierige Verfahren statt Baufortschritt

Die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans ist ein administrativer Marathon. Vom Vorentwurf über Beteiligungsverfahren mit Bürgern und Trägern öffentlicher Belange bis zum Satzungsbeschluss durch den Gemeinderat können Jahre ins Land gehen. Allzu oft sind fünf Jahre keine Seltenheit – man hört gar von Fällen, in denen fast ein Jahrzehnt verstreicht, bis ein Plan Rechtskraft erlangt. Für die Bauwirtschaft bedeutet das Stillstand: Während Wohnraum dringend benötigt wird oder ein Unternehmen erweitern möchte, steckt das Vorhaben in der Warteschleife der Verfahren. Auch für Planungsbüros ist das frustrierend. Man steckt Arbeit in Vorplanungen, stimmt sich mit Behörden ab und harrt dann der Dinge, bis die planungsrechtliche Grundlage endlich geschaffen ist.

Sogar die Politik hat das Problem erkannt. In Berlin diskutiert man über einen „Bauturbo“, und die Baugesetzbuch-Novelle 2024 sieht vor, dass ein Bebauungsplan künftig spätestens 12 Monate nach Abschluss der öffentlichen Auslegung beschlossen sein muss. Doch bis solche Reformen greifen, bleibt die Lage für aktuelle Projekte schwierig.

Veraltete Pläne und starre Vorgaben

Viele bestehende Bebauungspläne stammen aus vergangenen Jahrzehnten und wirken heute wie aus der Zeit gefallen. Vorschriften zu Traufhöhen, Dachformen, Nutzungsarten oder Stellplatzanzahlen passen oft nicht mehr zu den aktuellen Bedürfnissen. Beispielsweise untersagen manche alten Pläne noch Flachdächer in Wohngebieten oder schreiben eine bestimmte Bauweise vor – Auflagen, die zeitgemäße Architektur und nachhaltige Konzepte behindern. Möchte ein Bauherr etwas realisieren, das im alten B-Plan nicht vorgesehen ist, steht ein zeitraubendes Änderungsverfahren oder zumindest eine aufwändige Befreiung nach §§ 31, 33 BauGB an. Ob diese Ausnahmegenehmigung überhaupt erteilt wird, steht dann nochmal auf einem anderen Blatt. Das kostet in jedem Fall Zeit und Nerven – bei allen Beteiligten.

Für Architekten heißt das: kreative Entwürfe müssen an veraltete Vorgaben angepasst werden, Innovationen bleiben auf der Strecke. Manchmal scheitern Projekte sogar vollständig am Planungsrecht, bevor sie überhaupt auf dem Papier richtig Gestalt annehmen konnten. Gerade wenn neue Wohn- oder Gewerbeflächen gebraucht werden, ist es absurd, dass ausgerechnet die vorhandenen Planwerke diese Entwicklung ausbremsen.

Die Folge des Ganzen: Frust bei Bauherren, Planern und Investoren. Wichtige Bauvorhaben verzögern sich massiv oder werden ganz abgesagt. Mancher Investor zieht sich entnervt zurück, wenn klar wird, dass eine Planänderung erst in fünf Jahren vorliegen könnte. Im Architekturbüro stapeln sich währenddessen die Änderungswünsche und Versionsstände der Planung, terwijl man auf grünes Licht wartet. Die deutsche Bauwirtschaft tritt so auf der Stelle – nicht aus Mangel an Ideen oder Bedarf, sondern wegen eines Systemproblems im Planungsrecht.