Künstliche Intelligenz (KI) hat in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht und macht auch vor der Architekturbranche nicht halt. Viele größere Architekturbüros fragen sich derzeit: Stehen wir am Beginn einer neuen Planungs-Revolution, oder überschätzen wir den Hype? Fakt ist, dass KI die Architektur- und Designberufe „in die Mitte einer neuen technologischen Revolution gestellt“ hat – noch bevor vielen klar war, dass sie überhaupt begonnen hat. Bislang werden KI-Tools in Planungsprozessen zwar erst vereinzelt eingesetzt, und die Ergebnisse benötigen noch menschliche Kontrolle. Doch die Betonung liegt auf noch. Es lohnt sich also, das Thema genauer zu betrachten.
Aktuell experimentieren einige Vorreiter-Büros mit KI-Anwendungen, etwa zur Entwurfsoptimierung, Visualisierung oder Automatisierung lästiger Routineaufgaben. Ein Beispiel ist ARCHITEChTURES, eine Plattform, die mithilfe generativer KI komplette Wohnungsgrundrisse in Minuten statt Monaten entwerfen kann. Laut einer Umfrage von Architizer und Enscape haben 55 % der befragten 2.000 Design-Profis KI-Technologien bereits angenommen oder experimentieren damit– ein deutlicher Hinweis, dass der Trend real ist. Gleichzeitig mahnt Dietmar Köring von der Bundesarchitektenkammer: „Bislang werden KI-Anwendungen in der Architektur nur begrenzt genutzt… die generierten Resultate erfordern noch menschliche Kontrolle“. KI steckt in der Praxis also noch in den Kinderschuhen, doch die Entwicklung schreitet rasant voran.
Die Verheißungen sind groß: KI könnte Architekturbüros von repetitiven Routineaufgaben entlasten und komplexe Entscheidungsgrundlagen viel schneller aufbereiten. In frühen Leistungsphasen ließen sich zahllose Entwurfsvarianten in kurzer Zeit durchspielen, was kreativen Spielraum schafft. Bei Engpässen – etwa dem aktuellen Fachkräftemangel – kann KI „eine Hilfestellung sein, auch für Büros, die händeringend Kapazitäten suchen“. Dank KI könnten sich Architekt*innen vermehrt auf das Gestalterische und Strategische konzentrieren, während Algorithmen zeitaufwendige Analysen übernehmen. Zudem eröffnen KI-Bildgeneratoren neue Wege der Visualisierung: Tools wie LookX AI erzeugen aus einfachen Skizzen fotorealistische Renderings, die ohne langwieriges 3D-Modelling auskommen. Auch bei Bestandsbauten helfen KI-gestützte Funktionen (z.B. Scan-to-BIM oder automatisierte Grundrisserkennung), Planungsprozesse zu beschleunigen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Viele rechtliche und ethische Aspekte sind derzeit noch ungeklärt: Urheberrecht, Haftung, Datenschutz – all das wirft Fragen auf. Wer trägt z.B. die Verantwortung, wenn eine KI-basierte Planung fehlerhaft ist? Darf ein vom Algorithmus generierter Entwurf ohne Weiteres verwendet werden, oder liegen versteckte Copyright-Probleme vor? Zudem besteht die Sorge, KI könne langfristig Arbeitsplätze ersetzen. Der Blick in die Geschichte relativiert diese Angst etwas: Als in den 90ern CAD-Software kam, befürchtete man, Bauzeichner würden überflüssig – was so nicht eintraf. Allerdings hat sich das Berufsbild verändert (klassische Bauzeichner sind heute selten). Übertragen auf KI heißt das: Bestehende Rollen wandeln sich. Es „kommen neue Aufgaben auf die Beschäftigten zu, wie zum Beispiel das Prompten – also das zielgerichtete Abfragen von KI – oder das Erstellen lokaler KI-Anwendungen“. Die kreative Kontrolle über Projekte darf nicht an Black-Box-Algorithmen verloren gehen. Architekturbüros müssen daher Kompetenzen aufbauen, um KI-Ergebnisse beurteilen und steuern zu können. Skeptiker warnen zudem vor einer „Uniformierung“ von Entwürfen durch allzu generische KI-Vorschläge – Kreativität und individuelle Baukultur könnten leiden, wenn alle dieselben Tools nutzen.
KI in der Architektur ist kein Science-Fiction mehr, sondern in ersten Bereichen Realität – von automatisierter Planprüfung bis hin zu Entwurfsgeneratoren. Für große Architekturbüros bedeutet das einerseits Effizienzchancen, andererseits die Notwendigkeit, sich neues Wissen anzueignen und Mitarbeiter weiterzubilden. Die Entwicklung geht schnell: Was vor zwei Jahren Theorie war, ist heute teils Anwendung. Büros sollten daher jetzt eine strategische Standortbestimmung vornehmen: Wo kann KI bei uns Nutzen stiften, wo bestehen Risiken? Manche Büros ziehen hierfür bereits externe Experten hinzu – etwa in Form einer kostenfreien Potenzialanalyse, um Chancen und Schwachstellen im Umgang mit KI aufzudecken.
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