Plötzlich gewinnt nicht der beste Entwurf, sondern das billigste Angebot. Architekturbüros unterbieten sich gegenseitig bei den Honoraren, bis vom wirtschaftlichen Gewinn kaum noch etwas übrig bleibt. Dieser Trend, bekannt als Honorardumping, hat in der Planungsbranche um sich gegriffen – mit fatalen Folgen für Qualität, Berufsstand und letztlich auch für die Auftraggeber. Was kurzfristig nach einem Schnäppchen aussieht, entpuppt sich längerfristig als Bumerang.
Honorardumping ist kein Unfall, sondern wird vom System geradezu begünstigt. Seit die verbindlichen Mindestsätze der HOAI weggefallen sind, hat sich ein Wildwest-Wettbewerb entwickelt: Oft zählt bei Ausschreibungen nur noch der niedrigste Preis. Planungsbüros sehen sich gezwungen, ihre Angebote immer weiter zu reduzieren, um überhaupt noch Aufträge zu gewinnen. Auftragsgewinnung über den Preis erscheint vielen als letzter Ausweg in einem Markt, der zunehmend über Kostendruck definiert wird. Doch wenn der Preis zum alleinigen Zuschlagskriterium wird, bleibt der Wert der Architektur auf der Strecke.
Anstatt sich gegenseitig zu unterbieten, sollten Architekten eigentlich nach Auftraggebern suchen, die auf Qualität statt Quantität setzen. Doch solche besseren Auftraggeber zu finden ist leichter gesagt als getan.
Natürlich tragen auch Auftraggeber eine Mitverantwortung: Wer Planungsleistungen wie Börsenware behandelt, darf sich über sinkende Qualität nicht wundern. Doch die Kritik richtet sich nicht an einzelne Bauherren, sondern an ein System, das diesen Preiskampf überhaupt erst entstehen lässt. Architekten werden in die Rolle von Bietern gedrängt, die scheinbar austauschbare Ware anbieten. Hier rächt sich, dass der Wert geistiger Leistungen schwer messbar ist – und damit anfällig für Dumpingpreise.
In der Branche gibt es bereits Gegenwehr: „Planung ist wertvoll“ lautet eine Kampagne mancher Architektenkammern, die an Kollegen appelliert, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Doch die Realität im Planungsbüro bleibt leider eine andere: Wenn die Auftragsflaute droht, ist die Versuchung groß, lieber billig anzubieten als gar keinen Auftrag zu erhalten.
Die Folgen des Preiskampfs sind in vielen Büros spürbar. Zu knapp kalkulierte Honorare bedeuten: weniger Ressourcen für sorgfältige Planung, weniger Zeit für kreative Lösungen, höhere Arbeitsbelastung für das Team. Gute Architekten und Fachkräfte können auf Dauer nicht zu Dumpinglöhnen arbeiten – die Folge ist Abwanderung in andere Branchen oder ins Ausland, wo ihre Arbeit besser honoriert wird. Zurück bleiben überlastete Kernteams, die versuchen, irgendwie Qualität zu liefern, obwohl das Budget vorne und hinten nicht reicht. So entsteht ein Teufelskreis: Preisdruck führt zu Qualitätsverlust, und der nährt wiederum die Vorstellung, Planungsleistungen seien billig zu haben.
Für die Bauherren mag das Honorar gering sein, doch spätestens in der Bauphase oder Nutzung rächt sich die übertriebene Sparsamkeit: Planungsfehler, Konflikte auf der Baustelle oder ein austauschbares 08/15-Design sind die Quittung. Provokant gefragt: Wollen wir als Architekten nur noch Erfüllungsgehilfen für Sparkonzepte sein? Wohl kaum. Die Leidenschaft für gute Gestaltung und solide Bauqualität bleibt auf der Strecke, wenn jede Entscheidung vom Rotstift diktiert ist.
Fazit: Honorardumping ist eine Sackgasse, aus der die Branche nur gemeinsam herausfindet. Weder Architekturbüros noch Auftraggeber profitieren langfristig von diesem Wettrennen nach unten. Statt immer billiger müssen wir wieder über Wert reden: Was ist gute Architektur wert, und wie lässt sie sich fair vergüten? Es lohnt sich, diesen Fragen nachzugehen – zum Beispiel im Rahmen einer unverbindlichen Potenzialanalyse, um Strategien gegen den Preiskampf zu entwickeln.
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